Dirigentenwechsel Otto Keitel - Herbert Keitel - Dritte Hochphase
Das Jahr 1969 ist wiederum eine Wendemarke in der Geschichte des Vereins. Kaum hatte Otto Keitel den Dirigentenstab in die Hände eines seiner Söhne übergeben, stirbt er an den Folgen eines Verkehrsunfalles. Der Schreinermeister Herbert Keitel führte nun seit 1969 den Chor als sein musikalischer Leiter und, denken wir an unser Abschneiden bei Sängerwettstreiten bei Brudervereinen oder an die wiederholten Frühjahrskonzerte des Chores in Reihen in den vergangenen Jahren, mit viel Erfolg. Der Chor kann sich glücklich preisen, immer wieder aus den eigenen Reihen gute Kräfte für die wichtigen Positionen zu finden, Männer, die ihrer Verantwortung voll bewußt fest in der Tradition des Männerchorgesanges stehen und neuen Formen und neuem Liedgut offen gegenüberstehen und es in musikalische Wirklichkeit umzusetzen verstehen. Darin allein wird sich in der Zukunft entscheiden, ob auch noch in einer sich verändernden Welt die Idee des Laienchorgesanges, so wie er sich in unseren Dörfern in den Männerchören herausgebildet hat, Bestand haben wird.
Das fünfundsiebzigste Geburtstagsfest des Vereins im Jahre 1974, in dessen Festbuch diese Bemerkungen gemacht worden sind, hat die Besorgnis für die Zukunft sehr hoffnungsvoll beseitigt. Mit einer hervorragenden Führungsgruppe unter Gerhard Flecks Vorsitz und seinem Stellvertreter Walter Huber - und deren Ehefrauen Hannelore und Else (auch das sollte einmal dankbar hervorgehoben werden) sowie unter Herbert Keitels erfolgreicher Stabführung im musikalischen Bereich trat der Verein mit 63 Sängern und 200 Passiven ins letzte Jahrhundertviertel seiner Geschichte ein. Dieses Jubiläum war - in der Rückschau - einfach ein gelungenes großes Fest mit vielen sängerischen Höhepunkten durch die Anwesenheit von sehr erfolgreichen Chören aus dem Bruhrhein, der Bergstraße und der Rheinebene etc.
49 Vereine folgten unserer Einladung und kamen mit etwas 2100 Sängern zum Freundschaftssingen und Prädikatssingen und, zum ersten Mal wieder im Elsenzsängergau, zum Punktwertungssingen. Die Entscheidung hierfür war damals nicht unumstritten - unser Vorstand setzte sich letztlich durch - und wegen Unmuts darüber blieb der damalige Ehrengauvorsitzende Reinhold Stoll unserem Sängerfeste fern. Mittlerweile sind auch beim Elsenzsängergau Punktwertungssingen zum Normalfall geworden. Auch finanziell war das Fest ein Erfolg mit runden 20.000,- DM Reingewinn bei etwa 100.000,- DM Gesamtumsatz. Der Vereinsvorsitzende hätte also nicht sein Privatvermögen antasten müssen zur Deckung des Defizits, zumal der „Liederkranz“ - vor allem aus diesem Grunde - seit dem 19. Juni 1974 als „eingetragener Verein“ besteht. Auch in Technik und Logistik setzte dieses Fest für unseren Raum neue Maßstäbe. Ein gewaltiges Festzelt für über 2000 Personen mit sehr funktionalen Bewirtungseinrichtungen auf dem neuen, noch warmen, weil frisch asphaltierten Parkplatz am Sportplatz (Zitat vom Schirmherrn OB Helmut Gmelin, Sinsheim: „Hier sieht man, daß die Erde eine Kugel ist!“) war errichtet worden. Die gerade stattfindenden Fußballweltmeisterschaften konnten über Fernsehanlagen im Zelt mitverfolgt werden. Neben dem Festzelt standen für die verschiedenen Veranstaltungen auch noch das SV-Clubhaus und die neue Maschinenhalle von Wilhelm Karrer zur Verfügung. Hier konnte am Sonntagvormittag zeitgleich mit dem Punktwertungssingen im Festzelt das Prädikatssingen durchgeführt werden. Preisrichter war hier Robert
Edler aus Heilbronn und der „Gesangverein Liederkranz 1862“ Epfenbach unter Heinz Funk erbrachte die Bestleistung und für ihn den
Dirigentenpreis.
Das Punktwertungssingen mit den beiden Preisrichtern Prof. Erich Hübner, Heidelberg und Prof. August Langenbeck, Stuttgart endete mit einer kleinen Schlägerei mit einem etwas erhitzten Chor von der Bergstraße („Böse Menschen haben keine Lieder . . .?!) und sah dann als musikalischen Tagessieger den „Singverein 1870“ Laudenbach unter Gerhard Wind (der allein mit drei Chören da war!).
Es sei zum Schluß noch zu vermerken, daß dem eigentlichen „Sängerfest“ vom 21. - 24. Juni 1974 ein schönes „Geistliches Konzert“ in der ev. Kirche am 12. Mai und das „Festbankett“ am 25. Mai vorausgegangen waren. Das Jubiläumsfest war Bestandsaufnahme aber auch zugleich Verpflichtung für die Zukunft. In ihr, bis heute, sollte der Chor zeigen, daß er in unserem Dorf der bedeutendste Kulturträger bei fast allen Veranstaltungen ist. Der Chor, der seit einigen Jahren auch Frauen als passive Mitglieder führt (z. Zt. 28) ist u.a. kaum wegzudenken bei örtlichen Beerdigungen, bei denen er ausnahmslos noch zu allen Gelegenheiten und Zeitpunkten mit einem sehr guten Grabgesang mitgestaltet. Dies zu vermerken scheint dem Chronisten wichtig, da es heute für viele Chöre immer schwerer wird, diesen Dienst zu erfüllen. Unser Chor kann auch noch mit sehr geringer Sängerzahl - oft nur 14 bis 18 Männern - guten Grabgesang bieten.
Vielleicht darf man etwas unbescheiden feststellen, daß unser Chor im Elsenzsängergau in der Nachkriegszeit wohl der beständigste Leistungsträger im Männerchorgesang ist. Letzteres zeigte sich immer wieder auch in den letzten Jahren in Tagesbestleistungen und Dirigentenpreisen im Gaubereich (Weiler 1987, Sinsheim 1994, Gemmingen 1997 etc.) aber auch in oft hervorragendem Abschneiden bei Sängerwettstreiten in den Männerchorhochburgen an der Bergstraße, Odenwald, Bruhrhein und in der Rheinebene (oft Klassensieger und kleine Tagesbestleistung und Dirigentenpreise). Die Einzelheiten würden den Rahmen einer solchen Chronik sprengen.
Einige wichtige Ereignisse der vergangenen 25 Jahre sollen dennoch hier Erwähnung finden. Am 12. Dezember 1975 durfte der „Liederkranz“ die Einweihung der neuen Mehrzweckhalle als Festhalle mitgestalten und hat seither, wie alle örtlichen Vereine, ein großzügiges Raumangebot für seine größeren Veranstaltungen zur Verfügung.